Samariterbund: Arbeitskräftemangel so dramatisch wie nie zuvor

Der Arbeitskräftemangel gehört seit vielen Jahren zu den größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft und ist eine sehr ernstzunehmende wirtschaftliche und soziale Herausforderung aber auch eine Frage der Bildungspolitik. Quer durch alle Branchen wird es immer schwieriger, Stellen mit dem richtigen Personal zu besetzen. Auch der Samariterbund und viele Gesundheits- und Sozialorganisationen sind davon sehr stark betroffen. Wir sprechen nicht mehr “nur” von einem Fachkräftemangel, sondern generell von einem Arbeitskräftemangel.  Die Demografie steht Kopf. Sie rüttelt Arbeitsmarkt, Gesundheits- und Pensionssystem durcheinander. Fast 90% der Firmen haben Probleme, geeignete Fachkräfte zu finden! Unternehmen fragen sich: Wo sind all die Leute hin? 

Arbeitskräftemangel in keinem Land der EU größer als in Österreich

Die Arbeitsmarktdaten Österreich zeigen es klar auf und die Liste der Mangelberufe ist so lang wie noch nie. Viele Betriebe können bereits Aufträge nicht mehr übernehmen da Personal in vielen Bereichen fehlt. Das zeigt auch das BMAW AMS Fachkräftebarometer und die Analyse Fachkräftebedarf in Österreich der Statistik Austria. Stundenreduktion und Flexibilisierung der Arbeitszeit sind die bestimmenden Themen bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Wenn dann noch Krankenstände durch Arbeitsüberlastung dazukommen, ist es ganz schlimm. Im Gegensatz dazu rechnet man mit steigender Arbeitslosigkeit. Zahlen – Daten – Fakten belegen das. Man muss auch über unser Pensionssystem in Österreich tabulos nachdenken. 

Die „Babyboomer-Generation“ verabschiedet sich aus dem Erwerbsleben

Bis 2050 soll die Zahl von Menschen über 65 von 1,67 auf 2,6 Millionen wachsen. Rund 750.000 Menschen (“Babyboomer”) gehen bis 2034 in Pension und die geburtenschwachen Generationen danach können rein zahlenmäßig diese Lücke nicht füllen. Laut Zahlen der Statistik Austria ist der Anteil der Über-65-Jährigen in Österreich seit dem Jahr 1955 von etwa 800.000 auf derzeit rund 1,57 Millionen gestiegen. Das wirft natürlich auch die Frage auf, wer wird diese Menschen pflegen, betreuen und versorgen? Allein durch den demografischen Wandel bis 2040 wird es in Summe über 500.000 nicht besetzte Stellen geben.

Druck und Stress am Arbeitsplatz in den letzten Jahren massiv erhöht

Chronischer Stress erschöpft das Gehirn und vermindert die Leistungs- und Arbeitsfähigkeit. Leider werden loyale Mitarbeiter:innen sehr oft ausgenutzt Künftig soll es bei der Vermittlung nicht mehr um konkrete, festgeschriebene Berufsbilder gehen, sondern um Kompetenzen. Gehen Mitarbeiter:innen wegen psychischer Probleme in den Krankenstand, fehlen sie durchschnittlich 37 Tage.

Besonders dramatisch: Gesundheits- und Pflegebereich

Der Fachkräftemangel trifft den Pflegebereich besonders hart. Aktuell werden österreichweit rund 2.000 diplomierte sowie 1.800 nicht diplomierte Krankenpfleger:innen gesucht. Die Situation in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Pflege und Betreuung ist mehr als prekär und zu einer riesigen Herausforderung geworden. Die körperlichen und psychischen Belastungen haben mittlerweile die rote Linie weit überschritten und es ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Demografische Entwicklungen und verändernde Krankheitsbilder führen zu neuen Anforderungen an die Systeme der Langzeitbetreuung und -pflege. Mit jeder Pensionierung geht auch Erfahrung und Qualität verloren. 

Große Not im Bildungsbereich und in der Kinderbetreuung

Auch unsere Kindergarten-Pädagoginnen sind an der Grenze der Belastbarkeit. Hunderte Lehrkräfte fehlen in der Bildung und es gibt Kritik an niedrigen Gehältern in der Kinderbetreuung. In der Primarstufe und Sekundarstufe rechnet das Ministerium heuer mit rund 100.000 Pensionierungen. In Österreich waren noch viele Lehrerstellen offen. Man versucht erfahrene Lehrer:innen zum längeren Unterrichten zu motivieren oder aus der Pension zurückzuholen. 

Auch der öffentliche Dienst braucht dringend Nachwuchs

Durchschnittlich 45,3 Jahre alt ist das Personal des Bundes fast sechs Jahre älter als Angestellte in der Privatwirtschaft. Rund 45 Prozent werden bis 2035 in Pension gehen – und Österreich damit fast die Hälfte seines Verwaltungspersonals, seiner AHS-Lehrer, seiner Richterinnen und Staatsanwälte, seiner Polizistinnen, Soldaten und Universitätsprofessorinnen verlieren. 

Jugend von heute will Work Life Balance

Wer möchte nicht weniger arbeiten und mehr verdienen?” Die Agenda Austria rechnet vor, dass bei einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 32 Wochenstunden die personenbezogenen Produktionskosten in nur drei Jahren um die Hälfte steigen würden. Das würde die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen stark beeinflussen und die Preise der Produkte würden weiter steigen. Natürlich ist eine 4-Tage-Woche ohne Einkommensverluste möglich! Die Wochenarbeitszeit muss in den vier Arbeitstagen auf 40 Stunden erhöht werden. Die Wochenenden werden zu regulären Arbeitstagen, denn die bestehende Gesamtproduktivität lässt sich nur erreichen, wenn die 4-Tage-Woche klar in zwei Blöcke aufgeteilt ist (z.B. Mo-Do und Fr-Mo). Die weniger werdenden Jungen, die sich nicht „kaputtarbeiten“ wollen? Sie wollen weniger arbeiten, mehr Freizeit und Zeit für sich selbst. 

Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch

Die langfristigen Folgen auf den Arbeitsmarkt sind derzeit noch schwer absehbar. Klar ist: “Es wird ganz massive Auswirkungen haben”. “Generative KI”, also Computerprogramme, die neue Ideen, Inhalte oder Lösungen erstellen können, anstatt nur vordefinierte Regeln oder Anweisungen abzuarbeiten, sind aktuell im Trend. Es werde laut Kopf vor allem Arbeitskräfte mit mittlerer bis höherer Qualifikation und Routinetätigkeiten treffen.

Echte Migration ist ein riesen Thema!

Problematisch ist, dass wir Flucht, Asyl und Arbeitsmigration vermischen. Die Bevölkerung sieht nur die Negativbeispiele, die mit dem Boot kommen, die Sprache nie lernen und sich nie in die Gesellschaft eingliedern. Wichtig sind klare, transparente und vor allem harte Regeln, weil das Bauchgefühl der Menschen ist, dass 80 Prozent unser System ausnützen. D.h. Menschen müssen sich integrieren, Sprache und Staatskunde lernen und Arbeitswillen zeigen müssen. Die Fühler wurden erstmals in den 1970er-Jahren ausgestreckt. Während es damals aber ausschließlich um philippinische Krankenschwestern ging, die den Personalnotstand in Wiener Spitälern lindern sollten, geht es jetzt um wesentlich mehr. Die große Frage wird immer sein: Wer wird den Sozialstaat in 10 bis 20 Jahren finanzieren?

Bundesregierung holt aktiv Fachkräfte vom Ausland nach Österreich

Die Bundesregierung hat einen strategischen Maßnahmenplan gegen den Fachkräftemangel in Österreich vorgelegt. Attraktiv ist Österreich allerdings nicht, weil es Fachkräfte sucht, sondern weil es sich hier gut leben lässt. Was wir dringend brauchen, ist mehr Geld und politischer Fokus auf die Integration der Menschen, die bereits hier sind und auch qualifiziert sind. Österreich konkurriert mit vielen Ländern um die besten Köpfe. Es bräuchte jedoch eine Willkommenskultur und wir brauchen eine EU-weite Strategie, damit wir uns nicht gegenseitig kannibalisieren.

Schlechte Bezahlung

Zehntausende offene Stellen doch niemand will diese Jobs. Schwierig Mitarbeiter zu finden liegt auch daran, dass man in mehreren Berufen zu wenig Geld verdient. Dazu kommt, dass man in diesen Berufen oft bis spät in die Nacht arbeiten  oder viel zu viele Aufgaben in zu kurzer Zeit schaffen muss. Deshalb entscheiden sich viele jüngere Menschen erst gar nicht für diese Berufe.  Große Probleme gibt es dabei mit mit jungen ungebildeten Menschen, die oft nicht einmal der deutschen Sprache mächtig sind. Besonders vom Personalmangel sind Handel, Logistik und Verkehr betroffen. Viele denken über einen Jobwechsel nach. Der Unterschied der Bezahlung ist hoch.

Rund 1,3 Millionen Menschen arbeiten in Teilzeit

Abgesehen von Betreuungspflichten gebe es bei der jüngeren Generation eine immer größere Gruppe, die sich mit den klassischen Vollzeit-Modellen nicht mehr identifizieren könne. Der Trend zur Teilzeitbeschäftigung setzt sich ungebrochen fort. Unfreiwillige Teilzeitarbeit wegen Betreuungspflichten ist immer noch weiblich. 

Bei der Teilzeit-Quote zählt Österreich zu den Spitzen-Ländern. Branchen erleben eine dermaßen hohe Personalfluktuation. Der Arbeitskräftemangel ist zum Teil selbst verschuldet, da die “stille Reserve” aus Personen, die arbeitswillig aber nicht suchend sind, sowie unterbeschäftigten Teilzeitkräften nicht genutzt wird. 

Teilzeit reduziert Pension deutlich

Wer kürzer arbeitet, zahlt im Alter häufig drauf.  Während Frauen vor allem in Teilzeit arbeiten, um Care-Arbeit (Kinderbetreuung, Hausarbeit & Co.) zu leisten, ist für Männer mehr Freizeit oder ein berufsbegleitendes Studium der treibende Faktor. Um den Arbeitskräftemangel zu bewältigen, müsse die Kinderbetreuung “massiv” ausgebaut werden. 

Länger arbeiten?

Das Pensionssystem wird empfindlich teurer. Die sukzessive Erhöhung des Frauenpensionsalters in Österreich auf 65 Jahre bis zum Jahr 2033 erfolgt “relativ spät”. Abgesehen davon stellt sich die Frage, wie man Menschen dazu bringen kann, überhaupt bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter zu arbeiten. Tatsache ist jedoch auch, dass Österreichs Gesetzgeber ein Ablaufdatum auf Berufstätige klebt, kritisieren Experten. Dabei wollen immer mehr fitte Menschen 60 plus länger arbeiten. 

Viele Unternehmen sehen Pensionisten als Mitarbeiter der Zukunft!

Personen, die ihre Pension im regulären Alter antreten können so viel dazu verdienen, wie sie möchten. Jedoch wird in den meisten Fällen im Folgejahr Einkommensteuer fällig, da das zusätzliche Einkommen die steuerliche Belastung erhöht. Für diejenigen, die sich entscheiden, vorzeitig in den  Ruhestand zu treten, gelten spezielle Regelungen. Es ist daher wichtig zu beachten, dass bei Überschreiten dieser Geringfügigkeitsgrenze die gesamte Pension für den betreffenden Monat entfällt. Dies erfordert eine genaue Planung und Abstimmung des zusätzlichen Einkommens, um finanzielle Einbußen zu vermeiden. 

Umfassender Handlungsbedarf dringend notwendig!

Wir werden also zukünftig mehr arbeiten müssen, nicht weniger. Wir werden uns mit der Erhöhung des Pensionsalters beschäftigen müssen! Auch sind die Öffnungszeiten beim Handel zu überdenken. Früher haben die Supermärkte um 18:00 Uhr geschlossen, verhungert ist keiner. Übrigens mittags war auch für ein paar Stunden geschlossen. Jetzt haben wir sogar Tankstellenshops die rund um die Uhr geöffnet sind!

Lehre hat wieder Zukunft!

Es ist enorm wichtig, dass wir auch junge Frauen und Mädchen für Technik begeistern. Denn vor allem IT- und technische Berufe bieten gute Jobaussichten und tolle Karrierechancen – auch für Mädchen. Schon jetzt zeigen viele Spezialistinnen, dass Mechatronik, IT oder Elektrotechnik längst keine Männerdomäne mehr sind. Dabei gibt es jedoch große Unterschiede zwischen den Geschlechtern und den Studienfächern. 

Betriebe brauchen Ideen und neue Angebote 

Einige Berufe wird es nicht mehr geben, da gewisse Tätigkeiten, aufgrund fehlender Arbeitskräfte von der KI übernommen werden müssen. Betriebe müssen sich auf jeden Fall mehr anstrengen, attraktiv für ihr aktuelles Personal und das Zukünftige zu sein. Sie müssen nicht nur neues Personal gewinnen, sondern auch das aktuelle bis zum Pensionseintrittsalter halten. Arbeitgeber müssen daher eine Strategie überlegen, wie sie die älterwerdenden Beschäftigungssuchenden langfristig behalten können und wollen. Um  Führungspositionen auch für Frauen attraktiver zu machen, sind Arbeitgeber gefordert, flexibel bei der Arbeitszeitgestaltung zu sein.

Woher kommt das Geld für die Pflege und für unsere Pensionisten?

Eine breite Mehrheit der Bevölkerung profitiert von Leistungen, die nur noch eine Minderheit bezahlt. Der österreichische Wohlfahrtsstaat verteilt knapp ein Drittel der jährlichen Wirtschaftsleistung um, was zu einem hohen sozialen Ausgleich führt. Das untere Fünftel der Einkommenspyramide steigt nach Steuern, staatlichen Transfers und „kostenlosen“ öffentlichen Leistungen finanziell deutlich besser aus, während es beim obersten Fünftel genau umgekehrt läuft. Also genau so, wie es für einen Sozialstaat typisch ist. Nur die oberen beiden Einkommenszehntel erweisen sich im Durchschnitt als Nettozahler. Wirtschaftskammer, Wirtschaftsbund und Industriellenvereinigung fordern sogar “Zurück in eine Leistungsgesellschaft”. Die Pensionen sind auf Zuschüsse aus dem Budget angewiesen. 

Thema Schwarzarbeit 

Dinge im Pfusch erledigen zu lassen ist für zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung ein Kavaliersdelikt. Laut der Umfrage ist in einem Zehntel der Haushalte mindestens eine Person im Pfusch aktiv. Wobei der durchschnittliche Stundenlohn auf 20 Euro geschätzt wird. Die Kontrollen der Finanzpolizei sind wichtig und müssen daher ausgeweitet werden. Der größte Verlierer bei der Schwarzarbeit ist der Staat. Damit das Sozialleistungssystem leistungsfähig bleibt, ist es notwendig, es vor Missbrauch zu schützen. Ihm entgehen Sozialversicherungsbeiträge und auch die Krankenversicherung kommt zum Handkuss, da sie die Behandlungskosten der Pfuscher tragen müssten, da 66 % der Pfuscher auch offiziell beschäftigt sind. Die Zahlen zeigen die Missachtung gesetzlicher Vorgaben im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping. .

Millionen Schaden durch Sozialbetrug

Österreich bleibt weiterhin ein Hotspot für Sozialbetrug und das Erschleichen von staatlichen Leistungen: Sozialleistungsbetrug schadet den ehrlich arbeitenden Steuerzahlern, daher ist die konstruktive behördenübergreifende Zusammenarbeit zwischen BMI und BMF von so wichtiger Bedeutung.  

Quellen und Links:

 

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